Klaus Busch

Bilder und Illustrationen

NARRENSPIEGEL 31-40

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Die sieben Lebensalter des deutschen Mannes (Narrenspiegel XXXI, 2020)

Die Darstellung der Lebensalter war ein beliebtes Bildmotiv der Renaissancemalerei. Hans Baldung Griens „Die sieben Lebensalter des Weibes“ sind ein beeindruckendes Beispiel hierfür. Wie aber würden die sieben Lebensalter heute dargestellt werden müssen? Zumal, wenn es die Lebensalter des Mannes wären? Des deutschen Mannes? Die Idee für das Narrenspiegel-Werk war geboren! Die deutsche Lebenshaltung ist geprägt von einer chronischen Unzufriedenheit. "German Angst" gepaart mit "German Hass" und "German Wut". Und so zieht sich der Lebensfaden von jugendlicher Maßlosigkeit über die zunehmend immer weniger unterschwellige Ablehnung von allem Neuen oder Fremden hin zu einer zurückblickenden Bitterkeit. Statt das Leben zu genießen und die in jedem Leben auftretenden Unbilden gelassen zu umschiffen, wird genörgelt, gezetert und gebrüllt. Das Volk der Kleingartensatzungen, der Malle-Saufpartys und der Intoleranz, aufgesammelt im AfD-Jammerbecken. Ein mehr als trauriges Leben, blickt man auf diese Reihe der "typisch deutschen" und sehr maskulinen Lebensalter.


Falsch abgebogen II (Narrenspiegel XXXII, 2020)

Irgendwann ist irgendwo etwas schief gelaufen auf dem Weg zum Strand. Großartig schiefgegangen! Unbeirrt gehen die vier aber weiter auf dem Weg, den Blick starr geradeaus. Nur der Junge scheint sich langsam zu fragen, ob der Weg noch der Richtige ist. Deshalb ist das Bild auch ein Appell an das Innehalten im Leben, das Überprüfen des eigenen Weges.


Unser Dorf soll schöner werden - Regionalwettbewerb Niederbayern (Narrenspiegel XXXIII, 2020)

Wenn es die Niederbayern irgendwo zur Perfektion gebracht haben, dann in der konsequenten Zerstörung ihrer ländlichen Regionen und ihrer dörflichen Strukturen. Und so schmiegt sich im Zeichen eines sektenähnlichen Fortschrittglaubens die Dreifachgarage an den mediterranen Portikus, überragen Silotürme und Großställe für die Massentierhaltung den Kirchturm im Ortskern. Wenn das nicht reicht, packt man noch ein Logistikzentrum dazu. Und die Schlichenbauer-Schmidhuber Jennifer soll unbedingt auch auf dem elterlichen Grundstück der ehemaligen Hofstelle bauen können, auch wenn es etwas außerhalb des Ortes liegt. Natürlich möglichst modern mit Steingarten und Säulenreihe. Das arme Kind muss ja sonst in der Stadt ein teures Grundstück kaufen. Die 30 km kann sie doch besser fahren, gerade erst wurde die Ortsumgehung mit europäischen Strukturfördermitteln vierspurig ausgebaut. Der Vater hat ohnehin schon den Hof aufgegeben und arbeitet bei BMW, während die Mutter als Hausfrau progressiv das ostbayerische Frauenbild vertritt. Die osteuropäischen Erntehelfer sammeln die Spreewaldgurken und Samstags wird pünktlich um acht Uhr der Rasenmähertraktor angeworfen, um die letzten 20 Quadratmeter Rasenfläche auf Wimbledon-Niveau zu halten. 

"Gott mit dir, du Land der BayWa", wandelte vor Jahren die Biermösl Blosn den Text der Bayernhymne ab. Herrlich! Und absolut treffend!


Trotzalter (Narrenspiegel XXXIV, 2020)

Die COVID 19-Pandemie, heißt es, kehrt die wahren menschlichen Charaktere hervor. Und manche charakterliche Erscheinungen kommen Eltern von Drei- bis Fünfjährigen sehr bekannt vor. "Ich will aber...", "der tut aber...", "ich will nicht" bestimmen das Leben. Erstaunliche Parallelen zu den klassischen Verhaltens-mustern nord- und südamerikanischer (Ex-)Präsidenten oder Berliner Veganköche zeigen sich da, nicht nur in Bezug auf COVID 19. Zeit also, unsere Knaben im ewigwährenden Trotzalter mal im Sandkasten zusammenzubringen. Da können die Erzieherinnen noch so sehr darauf hinweisen, wo der Mund-Nasen-Schutz eigentlich hingehört. Sie bekommen es einfach nicht richtig hin...


North Side Gallery, Texas (Narrenspiegel XXXV, 2020)

"Tear Down This Wall", sagte einmal ein US-amerikanischer Präsident an den Sowjetischen Staatschef gerichtet in Berlin. Eigentlich war dieser frühere US-Präsident Zeit seines Lebens - auch im Amt - Westernschauspieler. Die US-Amerikaner*innen neigen zu seltsamen Eignungskriterien in der Auswahl ihrer Präsidenten. Spätestens seit dem 45. US-Präsidenten scheint all dies vergessen (ebenso wie demokratische Diskurse, Mehrheitsentscheidungen und Gewaltenteilung). "Let's build a wall!", heißt es stattdessen. In einer unheiligen Allianz von Rassisten, Verschwörungstheoretikern, Waffenlobbyisten und Faschisten - beim Ex-Präsidenten vereint in einer Person - wird alles, was auch nur annähernd nicht deren "great american" Weltbild entspricht, ausgegrenzt. Im Süden, an der Grenze zu Mexiko, dann auch physisch. Miss Liberty ergreift daher die Flucht (ebenso wie die Bildung, die Toleranz und die Empathie). Bleibt zu hoffen, dass die Berliner East Side Gallery sehr bald ihre Entsprechung auf dieser neuen Mauer finden wird. So vielleicht? Wir werden sehen...


Die verzweifelte Anrufung des Heiligen des Verbrennungsmotors (Narrenspiegel XXXVI, 2020)

Der Deutschen liebstes Kind, der Deutschen liebste Industrie und der Deutschen größte Zwangsneurose! Kaum wackelt irgendwo die Ökonomie sind sie da, die Kaufanreiz-Marktschreier aus Stuttgart, Wolfsburg, München und Ingolstadt. Da kann man über seine angeborenen Reflexe schon einmal die Innovation vergessen. CO2-verbreitende SUVs, Limousinen für Tempo 250 auf der Autobahn und Diesel-Betrügereien statt des Wegbereitens für klimafreundliche Antriebe. Und so holen einen dann plötzlich der Lauf der Zeit, eine Jugendliche aus Schweden und Herr Musk ein. Also sammeln sich frühere und aktuelle Konzernchefs, ob aktuell einsitzend oder nicht, in einer abgelegenen Höhle, um den Heiligen des Verbrennungsmotors anzurufen, auf dass ihnen ihre deutschen Schafe weiter folgen. Das Anrufen wird zunehmend verzweifelter. Aber solange Hohepriester Andreas S. seine schützende Hand über alles hält, ist wohl noch alles gut...


Der Tanz um das goldene Rückgrat (Narrenspiegel XXXVII, 2020)

Da haben sie sich versammelt, in einer Art "Danse Macabre": Menschen, die sich durch ihr Leben winden, ohne anzustoßen, ohne Meinung, ohne Aufbegehren gegen die vermeintlich Großen. Der aufrechte Gang ging ihnen schon lange verloren. So tanzen sie ihren absurden Reigen um eine ganz eigene Form des goldenen Kalbes. Vermissen sie ihr Rückgrat oder fühlen sie sich wohl im wendehälserischen Umgehen der Hindernisse und fortwährenden Einknicken vor Widerständen? 

 Das Bild ist ein Plädoyer für den aufrechten Gang, für Haltung und Mut, zu den eigenen Werten zu stehen. Werte, nicht Verschwörungsmythen; Haltung, nicht abstruses "Querdenken"; Mut, nicht das Anschreien gegen alles "Fremde" aus der anonymen Masse heraus. Bettina Wegner sang es so treffend in ihrem Lied "Kinder": 

 "Grade, klare Menschen
Wär'n ein schönes Ziel
Leute ohne Rückgrat
Hab'n wir schon zu viel"


Tuner am Strand (Narrenspiegel XXXVIII, 2021)

Klimawandel, Meeresverschmutzung, Feinstaub, Lärm, alles egal, Hauptsache eine abstruse Form des Spaßes, scheint das Lebensmotto der anscheinend all-gegenwärtigen Autotunerszene. In Extremfällen geht dieses "Ich will Spaß"-Ego dann bei entsprechenden Rennen auch über Menschenleben hinweg. Je ländlicher die Gegend, desto mehr ist dieses Phänomen scheinbar verbreitet. Negativer Höhepunkt des "Sch... auf die Umwelt, ich will Spaß" -Wahnsinns sind Quads und deren Fahrer*innen als Mixtur sinnfreier Technik und ebensolchen Handelns. 

Sie hat sich diesmal am ölverseuchten Strand getroffen, die Tuningszene. Man sagt ja gerne, dass das Protzen mit Autos Ersatz für eine scheinbar fehlende Männlichkeit sei. Gliedverlängerung durch Technik. Aber das sind natürlich nur völlig aus der Luft gegriffene Vorurteile... 

Doch halt, macht da nicht gerade die weibliche Besucherschaft eine ungeahnte Entdeckung?


(Studie zum Sozialverhalten so mancher) Hundebesitzer (Narrenspiegel XXXIX, 2021)

„Wie der Herr so’s Gescherr“, lautet ein deutsches Sprichwort, das vermutlich auf den Satz „Plane qualis dominus, talis et servus“ (Wie der Herr, so auch der Sklave) aus Titus Petronius Satyricon zurückgeht. Im Altgriechischen gab es ein Äquivalent, das übersetzt „Wie die Herrin, so die Hündin“ lautete. Und da schließt sich der Kreis. 

Wessen Kinder sich im Sandkasten schon einmal in den Hundehaufen gesetzt haben, wer es jemals wagte, in einem öffentlichen Park etwa zehn Meter über die Wiese zu gehen, oder wer sich schon einmal aus der gefühlt 30 Meter langen Hundeleine der gerade im Gespräch mit ihrer Begleiterin vertieften Besitzerin des daran hängenden Chihuahua befreien musste, wird wissen, was gemeint ist. Hunde sind soziale Wesen. Ihre Herrchen und Frauchen nicht immer. Die beanspruchen gerne einmal die mindestens 100 Quadratmeter um sie herum als nur ihnen und ihrem vierbeinigen Spiegelbild vorbehaltenen Raum. Egal, ob da zufällig ein Radweg verläuft, ein Spielplatz ist oder eine Parkbank steht. 

Das trifft definitiv nicht auf alle zu. Es gibt gut erzogene Hunde mit verantwortungsvollen Besitzer*innen. Aber Sätze wie „Der will nur spielen“, „Das hat er ja noch nie getan“ oder „Wacki, jetzt komm doch mal zu Mutti“ sind selten Einleitungen für erfreuliche Lebenssituationen.  Irgendwie wird in diesen Mensch-Hund-Verhältnissen irgendetwas merkwürdig kompensiert. Auch in links-alternativen Kreisen, wo sich möglichst paleo-frugan-vegan ernährende Menschen gerne mit einem mindestens einen Meter großen fleischfressenden Ungetüm umgeben….


Evolution - Devolution (Narrenspiegel XL, 2021)

Die Evolution des Menschen verläuft nicht immer linear. So gab es immer wieder in der Menschheitsgeschichte Seitenentwicklungen, die in einer Sackgasse endeten. Auch aktuell lässt sich wieder solch eine Seitenentwicklung beobachten, der Homo Stultus Xenophobiensis. Diese Seitenlinie driftet erstaunlicherweise immer nach rechts weg. Und endet nicht nur in einer Seitengasse, sondern hat gar eine Gegenentwicklung zur Evolution ausgelöst. Die rückwärtige Evolution - die Devolution.

- Ende -