Klaus Busch - Bilder & Illustrationen

Was steckt dahinter?

 

Ein Versuch einer angedeuteten Antwort auf die ewige Frage „Was hast Du Dir dabei gedacht?“

 

Malerei ist für mich immer auch ein Stück weit Spielerei. Mit der Wahrnehmung und mit dem Inhalt. Viele meiner Bilder stecken voller Zitate und Anspielungen, auf die ich immer wieder angesprochen werde. Wichtig ist mir, dass die Betrachter meiner Bilder sich ihre eigenen Gedanken machen. Daher erkläre ich ungern zu vieles. Dennoch werde Ich hier versuchen, zumindest ein paar Andeutungen zu den Bildern zu machen.

 

Sehr gerne arbeite ich mit Bildzitaten und Neuinterpretationen. Ein paar Beispiele:

  

   

  

„Patrona Bavariae“ zitiert im Aufbau das Bild „Die Freiheit führt das Volk“ von Eugène Delacroix (Louvre, Paris). Die Personen und die Gebäude am rechten Bildrand werden neu besetzt. Die Frau in der Bildmitte trägt andere Insignien und die Opfer am Boden sind Opfer ganz anderer Art. Den schießenden Jungen rechts der Frau habe ich mit neuem Gesicht und neuem Habitus übernommen. Das Bild karikiert den heroischen Gestus Delacroix` und hält meinen bayerischen Mitbürgern den (Narren-)Spiegel vor. Man nimmt sich ja gerne ab und zu mal etwas zu wichtig. In der guten und auch sehr bayerischen Tradition des "Derbleckens" soll das Bild auch die andere Seite des sich so gerne als Musterland generierenden Freistaates beleuchten. Der bayerische Löwe ergibt sich…

  

   

 

„I Poemi“ zitiert das „Floß der Medusa“ von Théodore Géricault (Louvre, Paris). Die Schiffbrüchigen sind nun Gedichte, begleitet von gleich einer Reihe allegorischer Mitfahrer und Ausstattungen. Das Meer ist bewusst noch wilder gehalten als bei Géricault.

 

 

   

 

 

"Vor kurzem im Nebelmeer" nimmt Caspar David Friedrichs "Der Wanderer über dem Nebelmeer" aus der Hamburger Kunsthalle auf und interpretiert es komplett neu. In den 80er Jahren lautete ein bekannter Sponti-Spruch; "Alle wollen zurück zur Natur - und das am liebsten mit dem Auto". Das ist heute fast noch wahrer als damals. An die Stelle des Suchens nach Ruhe und Kontemplation des Wanderers Caspar David Friedrichs ist die Jagd nach dem schnellen Bild getreten. Hin, Foto und schnell weiter, bevor die schlechte Laune der partybereiten Freundin noch stärker wird. Und sucht man dann doch einmal die Ruhe in der Natur, taucht mit Sicherheit ein abgasvernebelter lärmender Quadfahrer auf. Die Landschaft ist ja auch nicht mehr ganz das, was sie bei Caspar David Friedrich noch war. Ich war ja bei der Landschaft der sächsischen Schweiz noch versucht gewesen, ein paar Neonazis aufmarschieren zu lassen. Aber das wäre dann doch zuviel des Schlechten...

  

   

 

Der „Turmbau zu Babel“ orientiert sich am gleichnamigen Bild von Pieter Bruegel dem Älteren (Kunsthistorisches Museum, Wien). Auch Brueghel hat die Bauherren im Bildvordergrund. Ich habe neuere Türme gewählt und den bewusst blutleeren Bauherren deren Opfer hinzugefügt. Über ihnen fliegen (und zerbrechen) die europablauen Rettungsschirme. Ein kapitalismuskritisches Bild. Nicht mehr en vogue, dafür aber vielleicht umso notwendiger.

  

   

 

Richard Oelzes Gemälde "Erwartung" aus dem (Museum of Modern Art, New York), das er 1935/36 quasi als Vision der darauf folgenden düsteren Jahre gemalt hat, hat mich schon immer fasziniert. Ich habe in meinem Bild „Erwartung Reloaded“ seine Personengruppe in Rückenansicht, die auf einen dramatischen Himmel blickt, neu interpretiert und in ein surreales und zugleich phantastisches Ungewisses gesetzt. Es ist auch hier der Blick ins Ungewisse, mit etwas weniger Hoffnungslosigkeit als bei Oelze und den verbleibenden aufsteigenden Träumen.

  

   

 

„Das Abendmahl“ zitiert Leonardo da Vincis berühmtes Abendmahl aus dem Dominikanerklosters Santa Maria delle Grazie in Mailand. Ich habe das Original exakt auf 1/20 verkleinert und rund um Christus neu besetzt (mit Pius XII. an Stelle des Judas). Es trug für mich auch den Arbeitstitel „Das Abendmahl der Friedfertigen“. Ich habe es mit Menschen besetzt, denen das Eintreten für den Frieden ein Lebensinhalt war. Unter dem Tisch kriecht mein ältester (und damals einziger) Sohn Samuel hervor.

 

 

Sehr gerne zitiere ich auch bekannte Bildinhalte und interpretiere sie neu. Hier ein paar Beispiele:

 

   

 

„Walking on the moon“ zitiert die Schlussszene aus Charlie Chaplins genialem Film "Modern Times" und setzt sie in einen völlig neuen und ungewöhnlichen Kontext.

 

   



 

„Die Kunst entsteht im Auge des Betrachters" zitiert gleich eine Vielzahl von Kunstwerken, u.a. Leonardo da Vincis vitruvianischen Menschen und Michelangelos Erschaffung Adams aus der Sixtinischen Kapelle.
 

   

 

 

 

 

„Karriereleitern" zitiert Elemente aus Bildern M.C. Eschers und folgt seiner Form des künstlerischen Ausdruckes. Es ist durchaus eine Hommage an diesen außergewöhnlichen Zeichner. Keine der Leitern kann perspektivisch so verlaufen. Sie verlaufen vom Nichts ins Nichts (ebenso wie die Aktenschränke auf der rechten Bildseite). Daran sollte man denken, wenn man Karriereleitern besteigt. Auch hier arbeite ich, wie in einigen anderen Bildern, mit einem architektonischen Interieur in Zentralperspektive.
 

Ausgesprochen gerne spiele ich mit dem Licht. Nicht nur in der Serie "Lichter", sondern auch in vielen anderen Bildern.

 

      

 

"Nach dem Regen" und "Mother Goose" beschäftigen sich mit den Wirkungen von Gegenlicht. In "Nach dem Regen" geht es um die Wirkung von natürlichem und künstlichem Licht auf nassem Untergrund, in "Mother Goose" um den Kontrast zu einem dunklen Raum im Vordergrund. "Hieronymus" spielt mt den Wirkungen und Schattierungen von Kerzenlicht auf unterschiedlichsten Tekturen.

Manche Motive wiederhole ich gerne mit Neuinterpretationen:
 

 

So wiederholt sich das "Klatschmohn"-Motiv vom puristischen ersten Bild links mit Feld und Himmel über die zweite Interpretation in der Mitte links mit der Zuckerfabrik in Plattling bis zum dritten Bild Mitte rechts mit den tobenden Schweinen und dem vierten Bild mit dem Schöpfwerk in Natternberg.
 

   

 

Die Straße in Zentralperspektive aus "Erwartung Reloaded" links habe ich für den "Wächter" rechts wiederholt und augenzwinkernd neu interpretiert.
 

   

 

Die Idee zu dem Bild "Miss-Wahl" auf der rechten Seite hatte ich an einer Bushaltestelle, wartend zwischen vielen verdrossen schauenden Frauen. Einem Element aus Otto Dix' Großstadttryptichon folgend habe ich eine ganze Reihe bekannter und unbekannter verdrießlich schauender Frauen in eine Art Theaterkulisse gesetzt. Das Bild "Herrenvolk" auf der linken Seite nimmt diesen Bildaufbau in gespiegelter Form auf und setzt die männlichen Gegenstücke dazu. Diesmal wird den Herren, insbesondere einigen eingestreuten vom rechten Rand des politischen Spektrums, die sich gerne für etwas sehr Überlegenes halten, der ungeschönte Spiegel vorgehalten. Pegida gab es damals noch nicht, sonst wären sicherlich auch einige Figuren aus dieser unschönen Bewegung im Bild aufgetaucht. Die Bildtitel sind natürlich bewusste Wortspiele...

Das Spiel mit den Titeln ist generell ein wiederkehrendes Element in meinem Werk (und ein großer Spaß dazu). Hier ein paar Beispiele:
 

   

La Moissoneuse Européenne

Die europäische Erntehelferin.


Auf einem Waldstück hat Europa ihren Stier angebunden und läuft mit einem Erntekorb über die Wiese, um Pilze einzusammeln. Besondere Pilze, wie man sieht. Oder setzt sie diese sogar aus? Das bleibt offen. Nur so viel: Lange Zeit beim Erarbeiten hatte das Bild für mich selbst den Untertitel "Frau Oettinger"...

 

 

 

 

Charon

Eine Auseinandersetzung mit den Ereignissen in Fukushima in Form einer Bearbeitung eines Ausschnittes aus einer Videoinstallation von Isaac Julien. Charon war in der griechischen Mythologie der Fährmann, der die Toten über den Totenfluss Acheron oder Styx setzte, damit sie in das Reich des Totengottes Hades gelangen konnten. Die Idylle ist bewusst gesetzt, um die Schwere des Themas erst auf den zweiten Blick erkennbar zu machen. Strahlung ist ja auch eine nicht-sichtbare Gefahr...

   

 

Wos Klimawandel? Bei uns im Woid? Geh weida!

Ich widerstehe der Versuchung, einen hochdeutschen Titel hier einzufügen. Der Münchner Merkur schrieb zu diesem Bild:

"Märchenhafte Fabel und bitterböse Häme: Beides ist Klaus Busch nicht fremd in seiner bildhaften Satire: 'Wos Klimawandel? Bei uns im Woid? Geh weida!' Resultat: Märchenhaft sarkastischer Augenzauber mit rötlich glühendem Bergmassiv, die Bäume sind längst erstickt und verwest. Die Bauersfrau blättert derweil unbeeindruckt in ihrer Heimatzeitung und ein Heiligenschrein sucht im verdorrten Gras neuen Halt."

Dem ist nichts hinzuzufügen. Nur so viel: Eine Prise Spitzweg gibt dem Bild die Würze...

   

 Formido Nibelungensis

Die Furcht (das Schreckbild) der Nibelungen

Formido steht nicht für Angst im reinen Sinne, sondern für etwas Schreckliches, das man sich ausmalt. Ein Bild zum 125-jährigen Stadtjubiläum Plattlings, das durchaus das Erstaunen darüber ausdrückt, was man doch aus einer einzigen Zeile im Nibelungenlied, aus einer einzigen Welle auf der Isar und ansonsten im Grunde aus einem einzigen Industriebrei im restlichen Stadtgebiet mit ein wenig Selbstbewusstsein alles machen kann...
   

 

Absprung oder Sprach der Rabe: Nimmermehr


Das Bild zitiert aus dem Gedicht "Der Rabe" von E.A. Poe. Burnout, Stresserkrankungen und kriselnde Volkswirtschaften sind das Ergebnis des immer Höher, Schneller, Weiter unseres modernen Lebens. Das führt bei Einigen, auch aus der direkten Umgebung, zu selbstzerstörerischen Ergebnissen. Und am Ende, wenn ein jeder doch ersetzbar ist, nach der Frage nach dem Sinn. Ein sinnhaftes und glückliches Leben findet sich selten in der Erfüllung moderner Arbeitsprozesse. Da bleibt nur das Ausbrechen aus dieser Tretmühle, der Absprung..

 

 

Sei dies Wort das Trennungszeichen! Vogel, Dämon, Du mußt weichen!
Fleuch zurück zum Sturmesgrauen, oder zum pluton’schen Heer!
Keine Feder laß zurücke mir als Zeichen Deiner Tücke;
Laß allein mich dem Geschicke – wage nie Dich wieder her!
Fort und laß mein Herz in Frieden, das gepeinigt Du so sehr!“
Sprach der Rabe: „Nimmermehr!“
(aus E.A. Poe: Der Rabe)

 

Mit Lyrik spielt auch das Bild "Denk ich an Deutschland in der Nacht", das - schon vor langer Zeit entstanden - sich mit dem Wiederaufkeimen rechtsextremen Gedankengutes und dessen durchaus wahrnehmbarer "Gesellschaftsfähigkeit in Deutschland und in Österreich beschäftigt. Der Titel zitiert Heinrich Heines "Nachtgedanken", auf dem Blatt im rechten Vordergrund  steht der Epilog aus "Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui" von Bertold Brecht:

 

"So was hätt einmal fast die Welt regiert!
Die Völker wurden seiner Herr, jedoch
Daß keiner uns zu früh da triumphiert –
Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch"

   

Wird fortgesetzt....