Klaus Busch - Bilder & Illustrationen

Zyklus "Der Narrenspiegel" (2016 - 2021)

 

Der Zyklus "Narrenspiegel" soll eine Reihe von Pastellen gleichen (und extremen Quer-)Formats enthalten, mit denen ich meinen Mitmenschen mal satirisch, mal auch etwas boshafter einen solchen vorhalten möchte. Das bedarf einiger Erklärungen, auch zu den Bildern: 

 

 

Der Narrenspiegel (2018)
21 x 21 cm

Pastellkreide

 

Das Titelbild der Serie "Narrenspiegel".

 Im Sinne eines Memento Mori thematisiert der "Narrenspiegel" die Rolle des Narren, die ich versuche, mit den Narrenspiegel einzunehmen. Das ungeschminkte Vorhalten der Wahrheit. So ist die Jugend und die Schönheit ein vergängliches Gut, was all den Wahn darum so absurd erscheinen lässt. Das Spiegelbild, bewusst in Grautönen, macht das deutlich. Es zeigt das Alter und das Vergehen. Darauf will der Narr im Vordergrund hinweisen. Und der zeichnende Narr mit seinem Narrenspiegel auch... 

 

 

 

 

 

Dult is' (2016)
48 x 22 cm

Pastellkreide

 

Das erste Bild der Serie "Narrenspiegel".
Wer jemals auf einem bayerischen oder pseudo-bayerischen Volksfest war, wird wissen, was ich meine...

 

 

 

 

 

Das volle Boot? (2016)
48 x 22 cm
 

Pastellkreide

 

Das zweite Bild der Serie "Narrenspiegel".
Statt Empathie und dem Begreifen von Zuwanderung als Chance gesellschaftlicher Entwicklung bestimmen diffuse Ängste um den eigenen Wohlstand die Diskussion um das Thema „Flucht und Flüchtlinge“. Das ist beschämend angesichts des tausendfachen menschlichen Leids, dies umso mehr, als die lautesten und hässlichsten Verlautbarungen dieser nicht zu begründenden Vorbehalte aus geographischen Ecken kommen, die nahezu nichts mit diesem Thema zu tun haben und von Menschen, die vor nicht einmal 30 Jahren häufig noch selbst Flüchtlinge waren. Der jährliche Urlaub „auf Malle“ scheint wichtiger als die lebensrettende Aufnahme von schutzlosen Menschen. Das macht sprachlos. „Das volle Boot?“ ist der Versuch, diese Sprachlosigkeit zu überwinden.

 

 

 

 

 

Der Clown hat den Blues (2016)

Pastellkreide

48 x 22 cm

Das dritte Bild der Serie "Narrenspiegel". 

Der Titel zitiert ein Lied von Wolf Maahn, der in diesem Song das Publikum johlen lässt.. In diesem Bild "johlt" das Publikum nicht, es pöbelt und grölt. Das, was so viele in unseren "post-faktischen" Zeiten tun: Nicht Zuhören, nicht Reflektieren, sondern Plattitüden aufschnappen und hirnlos herausbrüllen. Was aber Farbe in unsere Welt bringt, ist das Zuwenden zu Anderem und Unbekanntem, die Neugierde auf das Kennenlernen. Deshalb sind die Flüchtlingskinder, die mit Abstand Leidtragendsten dieser Entwicklung, bewusst farbig gehalten, im Kontrast zu den bewusst farblosen, alltagsgrauen Mit"menschen" mit den entlarvenden Fahnen, die sie tragen. Dass deren Menschenverachtung immer weiter um sich greift, lässt den Clown (der eine Hommage an den kürzlich verstorbenen Oleg Popov ist) verzweifeln. Ein Gefühl, das vielen Deutschen, Europäern und etwas mehr als der Hälfte der US-Amerikaner vertraut sein dürfte.

 

Einjuriert in den Marler Kunststern 2017 zum Thema "Helden"

 

 

 

 

 

Ostbayerische Männerträume (2017)

Pastellkreide

48 x 22 cm

Das vierte Bild der Serie "Narrenspiegel". 

Außer vielleicht im Ruhrgebiet ist der Autowahn nirgendwo mehr verbreitet als in Ostbayern. Menschen, vor allem Männer, definieren sich über ihr Auto. Über Blech mit Rädern unten dran. Das ist nüchtern betrachtet traurig. Innenstädte verkommen zu Großraumparkplätzen, zwischen denen Fußgänger und Radfahrer irgendwie ihren Weg finden sollen. Am Niedergang des Einzelhandels ist nach landläufiger Meinung nicht die fehlende Qualität der Ware und der zumeist ruppige Ton des Personals schuld, sondern der fehlende immer freie und möglichst kostenlose Parkplatz vor der Haustür. Fußgängerzonen stehen auf einer Ebene mit Ketzerei und Kommunismus. Und in den Kirchen betet man statt ums tägliche Brot um den täglichen Parkplatz. Dass das extrem zu Lasten der Lebensqualität geht und dass man dies anderenorts schon seit etwa 30 Jahren verstanden hat, geht an abgasvernebelten ostbayerischen (Männer)Hirnen völlig vorüber. Genau das aber thematisiert und überspitzt das Bild. 

 

 

 

 

 

Helden am Abend (2017)

Pastellkreide

48 x 22 cm

Das fünfte Bild der Serie "Narrenspiegel". 

Was machen Helden nach Feierabend? Und was, wenn sie nicht mehr gebraucht werden? Schon unmittelbar nach Bekanntgabe des Themas "Helden" für den Marler Kunststern 2017 hatte ich die Idee zu diesem Bild. Es soll vor allem eines Zeigen: Vielleicht sind Helden manchmal einfach Menschen wie du und ich - vielleicht sind aber auch Menschen wie du und ich einfach manchmal Helden... 

 

Einjuriert in den Marler Kunststern 2017 zum Thema "Helden"

Ausgezeichnet mit dem Publikumspreis des Marler Kunststerns 2017

 

 

 

 

 

Bavarian Baroque (2017)

Pastellkreide

48 x 22 cm

Das sechste Bild der Serie "Narrenspiegel"

Das 1930 entstandene „American Gothic“ von Grant Wood, zu sehen im Original im Art Institute of Chicago und im Hintergrund auf diesem Werk, ist eines der bekanntesten Gemälde des amerikanischen Realismus. Viele Deutungen des Bildes, u.a. von Gertrude Stein, sehen das Bild wohl zurecht als Satire auf das amerikanische Kleinstadt- und Landleben. Dafür spricht auch, dass sich manch amerikanische Farmer durch das Bild als übelgelaunte puritanische Moralisten verunglimpft fühlten. Diesen Gedanken greife ich in „Bavarian Baroque“ auf und stelle das Bild „American Gothic“ diametral gegenüber. Gotisch geht ja bei meinen bayerischen Mitmenschen nicht, also barock. Das Barocke ist nicht nur die bayerische „Gmiatlichkeit“ (und die interpretiere ich als eine tiefe Gelassenheit im Umgang mit den Unbilden des Lebens). Die gibt es in Wahrheit kaum noch. Deshalb wird sie in unzähligen bayerischen Bierzelten tagaus und tagein fast schon verzweifelt beschworen. Vielmehr verstecken sich immer mehr ungesundeste Lebensweisen und Lebensverständnisse hinter dieser „Gmiatlichkeit“. Nichts gegen eine gute Weißwurst oder eine Leberkassemmel, aber ich finde es fast jeden Tag neu erschreckend, wie viele dicke Kinder mir hier auf der Straße begegnen. Davon, von so oft so falsch verstandener „Gmiatlichkeit“, erzählt dieses Bild. Und ja, natürlich ist es eine Satire auf das bayerische Kleinstadt- und Landleben. Wie „American Gothic“ eben…

 

Einjuriert in den Marler Kunststern 2018 zum Thema "Skurril"

 

  

American Gothic

Grant Wood, 1930

Öl auf Holzfaserplatte

76 × 63,3 cm

Art Institute of Chicago

 

 

 

 

 

Fair Is Foul And Foul Is Fair (2017)

Pastellkreide

48 x 22 cm

 

 

Das siebte Bild aus der Serie "Narrenspiegel"

"Fair is foul and foul is fair" sagen die drei Hexen in Akt 1 Szene 1 von Shakespeares Macbeth. Sie bereiten sich vor, im Reich des Duncan Verwirrung zu stiften. Fake News zu verbreiten also. Wie treffend! Die Hexen symbolisieren die Verkehrung von Gut und Böse, von Schlechtem und Gutem. Diese Verkehrung ist das Leitmotiv in Macbeth und scheint zunehmend auch das Leitmotiv unserer realen Welt zu werden. Der Schein und die Realität sind gerade für Macbeth und Lady Macbeth nur selten zwei Dinge, die sich einander gleichen sollten. Jedes Mittel scheint ihnen recht um an die Herrscherkrone zu kommen.

Und so rühren hier in einer Art Walpurgisnachtszene eine Vielzahl Hexen in den Köpfen heutiger Despoten: Sie stiften Verwirrung in Köpfen, denen definitiv jedes Mittel recht ist, an die Macht zu kommen und diese zu behalten. Heißen sie Erdogan, Putin oder Trump. Man hätte die Reihe der Köpfe nahezu endlos ergänzen können. Und im Vordergrund köchelt der "Fake-News-Verwirrungs-Trank" schon in den Köpfen der Möchtegern-Despoten, seien es Herr Orban, Frau Le Pen, Herr Gauland, Herr Wilders oder Herr Strache...

 

Eine Art Vorabzug des Bildes ist das Bild "...and foul is fair", erstellt als mein Beitrag zu dem internationalen Mail-Art-Projekt "Trump".

 

 

 

 

 

Astronaut John D. Smith drehte sich gerade um,
als der Klimawandel beschloss, von nun an gerechter zu werden (2017)

Pastellkreide

48 x 22 cm

Das achte Bild aus der Serie "Narrenspiegel"

„Astronaut John D. Smith... ist eine Art geographisches Rätselbild, da vielleicht - wenn man unvorbereitet an das Bild herantritt - nicht sofort klar wird, warum der Klimawandel denn nun gerechter wird. Der Ausschnitt der Erdkugel, der auf dem Bild zu sehen ist, zeigt Nordamerika. Ein Staat - und nur ein Staat, exakt in seinen Grenzen - ist aber im blauen Ozean verschwunden. Der Staat, der Klimaabkommen aufkündigt. Der Staat, der sich immer "first" sieht. Wäre das nicht schön, wenn der Klimawandel so gerecht wäre, dass nicht Südsee-Atolle, sondern die Verursacher selbst alleine die Folgen zu tragen hätten. Diese unmögliche Vision zeigt dieses Bild mit dem - von mir immer so geliebten - kryptischen Titel.

Und in der Hoffnung, dass Herr D.T. nicht nur twittert, sondern auch googelt: Mr. "President", the title of the painting is: "Spaceman John D. Smith just turned around as the climate change decided to be more just from now on". I'm looking forward to your twitter-outrage...

 

 

 

 

 

Grodgriabigfindsdaherrschmidtimgäu (2018)

Pastellkreide

 48 x 22 cm

Das neunte Bild aus der Serie "Narrenspiegel"

"Da Gäu" ist die niederbayerische Bezeichnung, für den Gäuboden, die fruchtbare und ertragreiche Landschaft in der Donausenke zwischen Regensburg und Osterhofen und somit direkt vor meiner Haustür. Er ist gekennzeichnet durch Agrarwüsten für den Anbau von Zuckerrüben, Futtermais und Spreewaldgurken, ist geprägt durch sich hochherrschaftlich bis zur Wahlfälschung generierende Großbauern und ist wegen der agrarindustriellen Nutzung eine der trostlosesten Landschaften, die ich kenne. Statt Bäumen und Feldhainen gibt es Rübenmieten und Kieswerke.

"Da Herr Schmidt", rechts am Bildrand, ist jener Landwirtschaftsminister, der neulich entgegen aller Vernunft und Absprachen die Verlängerung der Glyphosatzulassung durchgesetzt hat, vermutlich um zumindest am Ende der Legislaturperiode endlich einmal dafür zu sorgen, dass ihn jemand namentlich kennt. Die paar toten Bienen, im Bild auf den Steinen im Vordergrund, sind da egal. Die Profilneurose und das Bedienen der Stammklientel sind da wichtiger...

"Griabig" findet es der Herr Schmidt also im Gäuboden. Das ist seine Vorstellung von Agrarlandschaft! "Griabig" lässt sich leider nicht 1:1 ins Hochdeutsche übersetzen. Ein "griabiger" Ort ist ein Ort, an dem es sowohl gemütlich ist als auch fröhlich zugeht, wo man sich wohlfühlt. Wie der Herr Schmidt in den Wüsten des "Gäu".

Die besondere Form des Titels ist angeregt durch Tanja Hofmann aus Zwiesel, die wunderbare Bilder malt und ihren Bildern eben solche wunderbaren Titel gibt. Ich durfte sie auf einer gemeinsamen Ausstellung im Baderhaus in Bischofsmais kennenlernen und hoffe, dass sie mir meine Anleihe bei ihr bei der Bilderbetitelung verzeiht.

 

 

 

 

 

Capricho Nr. 43, Update 4.0  (2018)

Pastellkreide

48 x 22 cm

Das zehnte Bild aus der Serie "Narrenspiegel"

Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer (El sueño de la razón produce monstruos) ist eine der berühmtesten Radierungen von  Francisco de Goya. Es ist das 43. Bild der insgesamt 80 Aquatinten aus Goyas Serie „Los Caprichos“. Die Goya-Expertin Eleanor Axson Sayre schreibt hierzu: „ Der Betrachter des Bildes wird aufgefordert, nicht zu schlafen, sondern wachsam zu sein, denn sonst kann man die Ungeheuer der Ignoranz und des Lasters weder erkennen noch bekämpfen.“
In einer Wettbewerbsausschreibung des BBK Oberbayern Nord und Ingolstadt unter dem Titel „Frankenstein 4.0“ heißt es: „In unserer Zeit der 4. Industriellen Revolution (Industrie 4.0) stehen der Glaube an ewiges Wachstum durch technologischen Fortschritt und die Ökonomisierung des Menschen in einer globalisierten Welt einem diffusen Gefühl der Verunsicherung diametral gegenüber. Eine der emotionalen Reaktionen vieler Menschen ist der Rückzug in eine verklärte und trivialisierte Vergangenheit.“ Das hat mich zu der Arbeit inspiriert. Staunend steht man vor dem Phänomen, dass in unseren scheinbar aufgeklärten Zeiten weltweit mehr und mehr Politiker Zulauf finden, die Wahrheiten verbiegen und zu einem Brei widerlicher Vereinfachungen machen, die keiner Hinterfragung standhalten. Nur will man halt nicht hinterfragen. Weil die Welt zu kompliziert geworden ist? Schaffen wir also deshalb im frankensteinschen Sinne diese Monster? Nur industrieller, austauschbarer? Die Firma Frankenstein & Co. scheint es im Bild so zu machen.
Zeit, die Vernunft zu wecken!

 

 

El sueño de la razón produce monstruos

Francisco de Goya, um 1797-1799

Aquatinta-Radierung

21,6 × 15,2 cm

Die Platte befindet sich im Museo de Calcografía Nacional, Madrid

 

 

 

 

 

Der Augenblick, als aus dem gemeinsamen Traum der Herren S. ein Alptraum wurde (2018)

Pastellkreide

48 x 22 cm

 

Das elfte Bild aus der Serie "Narrenspiegel".

Einstellungsvoraussetzung für den Beruf des bayerischen Ministerpräsidenten scheint in erster Linie ja zu sein, dass der Nachname mit „S“ beginnt. Beginnt er mal mit „B“, dann ist die entsprechende Person auch gleich vergessen. Und man sieht sich ja so gerne als Nabel der Welt. Naheliegend also in den Träumen der Herren S., aus einem der zahlreichen Steinbrüche des von ihnen so nachhaltig zerstörten Altmühltales den Bavarian Mount Rushmore zu machen. Die Amigo-Consult wird es schon zahlen, oder? Doch jedes Denkmal beginnt irgendwann zu bröckeln. Mal mit mehr, mal mit weniger Nachdruck. Das aber ist der Alptraum der Herren S.…

 

Einjuriert in den Marler Kunststern 2018 zum Thema "Skurril" 

 

 

 

 

 

Gott reicht's (2018)

Pastellkreide

48 x 22 cm

 

Das zwölfte Bild aus der Serie "Narrenspiegel".

Helle Aufregung im Vatikan! Irgendetwas hat sich verändert an der Decke der Sixtinischen Kapelle! Aus Adam, dem idealen Menschen, ist ein etwas fülliger, t(r)umber Jetztzeit-Mensch mit merkwürdiger Frisur geworden. Alles andere als der ideale Mensch. Und Gott zeigt deutlich, was er von den heutigen Welt-Führungskräften so hält. Die eilig herbei gerufenen Experten, ob aus Kurie, Wirtschaft oder gerade frisch aus dem Beraterkreis des "neuen Adam" herausgefallen (und das wahrscheinlich über den rechten Rand), stehen ratlos davor. Ein Wunder! Aber unerwartet anders...

 

Einjuriert in den Marler Kunststern 2018 zum Thema "Skurril"

Einjuriert in die Auswahlausstellung zum Kunstpreis der Sparkassenstiftung Karlsruhe 2020 zum Thema "Witz und Ironie"

  

 

 

 

 

RTL II oder German Leitkultur (2018)

Pastellkreide

48 x 22 cm

 

Das dreizehnte Bild aus der Serie "Narrenspiegel".

Unter den entlarvenden Plakaten liegen die Couch-Potatoes und ergötzen sich an Reality-Soaps und Fake-News, im Hintergrund erfreut sich ein auffallend kahlköpfiger junger Mann an der brennenden Asylunterkunft draußen vor dem Haus Haus und der Hemdsärmlige davor verschläft all das ebenso wie die drei Herren im Vordergrund nach ihrem Gelage. Ein deutsches Sittenbild. Fritz Bauer fragte einmal sinngemäß, wie wir es wagen können, stolz auf Goethe und Schiller zu sein, denn wir haben deren Werke nicht geschrieben. Ich würde das dahin weiterspinnen, dass ein Großteil derer, die heute lauthals eine deutsche Leitkultur propagieren, diese Werke nicht nur nicht geschrieben haben, sondern auch nie freiwillig lesen würden. Worauf können wir also stolz sein? Doch nur auf das, was wir auch selbst geleistet haben.  Und was soll dann eine deutsche Leitkultur sein? Deutsche Dieselautos? Florian Silbereisen und Helene Fischer?

Fünf Minuten RTL II dürften ausreichen, jeden Antwortversuch im Keim zu ersticken... 

   

 

 

 

 

Kopf hoch (2018)

Pastellkreide

48 x 22 cm

 

Das vierzehnte Bild aus der Serie "Narrenspiegel". 

Die Bildidee ist an einer Fußgängerampel entstanden, als mir mehrere Menschen gegenüberstanden, die auf ihr Smartphone schauten und Gefahr liefen, die Grünphase zu verpassen. Genau darum geht es. Nimmt uns die digitale Kommunikation inzwischen so gefangen, dass wir Gefahr laufen, wichtige Dinge im Leben zu verpassen? Müssen wir tatsächlich alles im Leben posten und teilen? Vielleicht sollten wir ab und zu den Kopf hochnehmen und davon abschalten. Raffaels Engel aus der Sixtinischen Madonna auf dem Plakat können da Vorbild sein. Es gilt, den neugierigen Blick auf die reale Welt neu zu entdecken.

    

 

  

 

 

Wellkamm tuh Dschörmenni (2018)

Pastellkreide

48 x 22 cm

 

Das fünfzehnte Bild aus der Serie "Narrenspiegel". 

 Was ist typisch deutsch? Wohl vieles, was hier klischeehaft auf dem Bild erscheint. Und wie wird man sich fühlen als Fremder in "Dschörmenni", vielleicht aus einem Land kommend, in dem Gastfreundschaft ein hohes Gut der eigenen Kultur ist? Fremd, vermutlich. Wie auch anders in einem Land, in dem es "Fremdenzimmer" statt "Gästezimmer" gibt und Fremdenfeindlichkeit mindestens ebenso weit verbreitet ist wie das Tragen weißer Socken zu Sandalen. Wobei die Schnittmenge hier sicherlich groß ist. Willkommen also in einem fremdelnden Land. Gastfreundschaft zählt leider nicht zu dessen "Leitkultur". Eher das, was auf dem Bild zu sehen ist. Und wer immer auf Knien um Einlass und Schutz bittet, dem bietet sich wohl genau dieses Bild...

    

 

 

 

 

Der Moment bei der allgemeinen Hirnverteilung, als Gott merkte, dass er nicht genug dabei hat (2018)

Pastellkreide

48 x 22 cm

 

Das sechzehnte Bild aus der Serie "Narrenspiegel". 

Spässle? Ja, aber nicht nur. Vom lärmend sinnlos die Luft verpestenden Quadfahrer zu den Damen und Herren vom rechten Rand mit den dumpfen unreflektierten Parolen, vom grenzdebilen amerikanischen Präsidenten hin zu den Stars der privaten Fernsehsender scheint eines in diesen Tagen zu gelten: "Dumb ist beautiful", hohl ist hipp. Mit merkwürdigem Stolz wird das zur Schau getragen und die Masse jubelt. Je einfacher desto besser. Und die Schlange der Menschen, die bei der allgemeinen Hirnverteilung zu spät kamen, ließe sich endlos verlängern. Bezeichnend für die Welt, in der wir leben, ist aber, dass man sie (er-)kennt.

     

 

 

 

 

USS Creationism, Sternzeit 6022 (2018)

Pastellkreide

48 x 22 cm

 

Das siebzehnte Bild aus der Serie "Narrenspiegel". 

 

Bei  aller - auch meiner - Kritik an der katholischen Kirche: Auch ich als Protestant muss zugeben, dass protestantisch-Evangelikale insbesondere in ihrer US-amerikanisch-erzkonservativen Ausprägung die christliche Antwort auf die Hisbollah, die Taliban und den IS zugleich sind. Und um auch das konsequent zu trennen: Bei aller Kritik am konservativen Lebensstil und z.B. der Rolle der Frau dort war ich immer voller Hochachtung vor der konsequenten Friedensüberzeugung und Gewaltlosigkeit von Pietisten und Quäkern. Kommt aber eine krude christliche Heilsüberzeugung mit einem US-waffenstrotzendes "America First" in einem "Hirn" zusammen, wird es richtig gruselig. Da jubelt der evangelikale Beraterkreis des US-Präsidenten zur Entscheidung, die US-Botschaft nach Jerusalem zu verlegen, weil es ein Schritt in Richtung Armageddon ist. Da wird in den USA diskutiert, den Kreationismus gleichberechtigt neben Darwins Evolutionslehre in den Schulen zu unterrichten. Und da wählt man dann halt auch in der Konsequenz den Präsidenten gleicher Geisteshaltung, den man nun auch heute hat. Das wirklich gruselige daran ist, dass es nicht nur einzelne Wirrköpfe sind, die in den USA so auftreten, sondern eine breite Bewegung. Eben mit einem Präsidenten, ganz vorne dran, auf den der Begriff "Wirrkopf" ja genauso gut passt.

Das Bild nimmt dies auf. Auf dem fiktiven, natürlich flachen Raumschiff steht vorne David Barton, eine Wirrkopf-Symbolfigur. Barton, wenig überraschend texanischer Republikaner, ist TV-Prediger und positioniert sich gegen Abtreibung und die Rechte von Homosexuellen, vertritt den Kreationismus, zweifelt an der globalen Erwärmung und argumentiert, Steuern, gesetzliche Mindestlöhne und gewerkschaftliche Organisation gehörten nicht zum Christentum. Mit solchen Grundhaltungen ist es dann nicht mehr weit zur Bücherverbrennung. Mit ihm singen berockte und Kopftuch tragende (ja, auch Christen kennen den Kopftuchzwang!) Frauen das Halleluja. Adam und Eva müssen natürlich dabei sein, der Baum der Erkenntnis ist verdorrt und die Schlange verlässt das Boot, weil es hier nichts mehr zu holen gibt. Der Titel ist natürlich eine Anspielung auf "Star Trek". Die Kreationisten gehen von einem Weltbeginn 4004 v. Chr. aus. 4004 + 2018 = Sternzeit 6022....

     

 

 

 

 

2028: Die Wiederentdeckung des EM-Finalballs von Belgrad (2018)

Pastellkreide

48 x 22 cm

 

Das achtzehnte Bild aus der Serie "Narrenspiegel". 

 

Es wurde ja mal Zeit für ein Fußballbild. Wenn auch ein ganz eigenes...

20. Juni 1976, gegen 23:00 Uhr: Ein Metzgersohn aus Schwaben tritt an, einen Elfmeter zu schießen. Vom Punkt steigt der Ball senkrecht in den Himmel und ward gerüchteweise nie mehr gesehen. Viele Suchexpeditionen seit damals scheiterten. Bis es 2028 zu einem Zufallsfund kam.

Der weiteren Karriere des Ulrich H. aus U. tat dies keinen Abbruch. Er wurde selbstherrlicher Präsident eines arroganten Fußballvereins, gab sich sozial und hinterzog zugleich Millionen an Steuergeldern. Da dies wie auch das Schmuggeln teurer Uhren bei diesem Fußballverein zu den Kavaliersdelikten gezählt wird, tat es wiederum seiner Karriere keinen Abbruch. Die Geldkoffer aus der Schweiz hätte er damals ja am liebsten auf den Mond geschossen. Oder halt - hat er das nicht sogar getan? Auch das zeigt sich im Jahr 2028...

     

 

 

 

 

Warum der junge Moses nie das Surfen lernte (2018)

Pastellkreide

48 x 22 cm

 

Das neunzehnte Bild aus der Serie "Narrenspiegel". 

 

Warum der junge Moses nie das Surfen lernte? Weil sich das Meer immer gleich teilte...

Neben allem Spaß an der Absurdität des Bildmotivs ist das Bild auch ein Plädoyer für die Vorzüge der "Normalität" zu mancher Zeit. Außergewöhnlich begabte Menschen sind häufig mit ebenso außergewöhnlichen Ansprüchen und Erwartungen an ihre Person konfrontiert. Das macht das Leben für diese Menschen nicht immer einfacher. Viele scheitern auch daran. So, wie der junge Moses am Surfen scheitert. Man kann seinen Wunsch förmlich spüren, manchmal auch einfach normal sein zu dürfen.

     

 

 
 

 

 

Tu felix Austria? (2019)

Pastellkreide

48 x 22 cm

 

Das zwanzigste Bild aus der Serie "Narrenspiegel". 

 

Ein Wunschbild meiner österreichischen Schwiegereltern, die derzeit zunehmend an ihren österreichischen Landsleuten verzweifeln. Die große Lebenslüge des modernen Österreich ist die Stilisierung des Nachkriegs-Österreich zum ersten Opfer des Nationalsozialismus, ohne jemals eigene Schuld und deren Ursachen zu hinterfragen, obwohl zahlreiche Täter und Mörder des Dritten Reiches Österreicher waren und nicht zuletzt auch Hitler selbst in Österreich "sozialisiert" wurde. Eine positive und wichtige Erinnerungskultur gab es nie. Das ist der Nährboden bis heute salonfähiger rechtsextremer Ressentiments in Österreich bis hin zu offen antisemitischen deutschnationalen Burschenschaften, denen zahlreiche der derzeit politisch Verantwortlichen insbesondere der FPÖ angehörten oder sogar noch angehören. Und den Satz "Man wir doch wohl noch sagen dürfen, was man denkt", gefolgt von entsprechend menschenverachtenden Aussagen, hört man sehr häufig in Österreich, nicht zuletzt auch vom volkstümlich-schaurigen Sänger Andreas G..

Und so findet sich in den Kaiserappartements der Wiener Hofburg eine merkwürdige Szenerie zusammen. Im geballten K.u.K-Kitsch mit Sissi-Kleid, vorbeifahrendem Fiaker, Sachertorte, Mozartkugeln und Schneekugel mit Riesenrad sitzen still verzweifelt die Vertreter eines vergangenen Österreichs in seiner kulturellen Blüte. Bezeichnenderweise am rechten Rand finden sich dann Vertreter eben jenes rechten Randes, von aktuellen Politikern in Burschenschaftsuniform über den ehemaligen Salzburger Weihbischof Laun, der eine unrühmliche Tradition erzkonservativer und fremdenfeindlicher Kirchenvertreter in Österreich fortsetzt (man erinnere sich nur an den unsäglichen Bischof Krenn), bis hin zu den beiden österreichischen Verursachern des ersten und zweiten Weltkrieges. Dahinter schreit Andreas G. zum Leidwesen Mozarts seine plumpe Volkstümlichkeit ins Mikrofon. "Tu felix Austria" ist schon lange nicht mehr. Meine Lieblingsfigur aus der Sammlung des Kunsthistorischen Museums in Wien, eine Figur aus dem "Fest des Bohnenkönigs" von Jacob Jordaens, zeigt deutlich, was er von den Zuständen im heutigen Österreich hält: Er findet´s zum Kotzen!

 

 

 

 

 

Frühling in Niederbayern (2019)

Pastellkreide

48 x 22 cm

 

Das einundzwanzigste Bild aus der Serie "Narrenspiegel".  

 

 Frühling gibt es eigentlich nicht in Niederbayern, es geht der Winter immer unmittelbar in den Sommer über. Kaum wird es aber wärmer, wird es laut in Niederbayern. Dann will alles raus ins Freie. Das aber auf die niederbayerische Art. Nur nicht zu Fuß, ja keine Ruhe, sondern rein ins SUV, rauf aufs Quad, das Geländemotorrad, das Mountainbike. Dann wird die Natur vereinnahmt: Hemmungslos, wertelos, rücksichtslos, ruhelos. Über den Auto- und Motorisierungswahn meiner niederbayerischen Mitmenschen habe ich mich bereits mit früheren Werken ausgelassen. Nicht umsonst stammt der "Bundesschutzminister für die Autoindustrie", der Tempolimits auf Autobahnen „gegen jeden Menschenverstand“ findet, aus Niederbayern. Fehlt nur noch der Autokorso gegen den Klimawandel. Das wäre in Niederbayern gar nicht mal so unwahrscheinlich...

 

 

 

 

 

In deutschen Vorgärten (2019)

Pastellkreide

48 x 22 cm

 

Das zweiundzwanzigste Bild aus der Serie "Narrenspiegel".

  

In deutschen Vorgärten muss alles immer sauber sein. Im Land der Laubbläser, Kärcher und Kleingartenvereinssatzungen stürzt man sich auf alles, was anders ist und die Ordnung stört. Hochglanz, rechte Winkel und ein rundum versichertes Leben bestimmen die Top Ten der Lebensziele. Alles, was nicht in dieses Schema passt löst sie aus, die "German Angst". Und so stürzen sie sich auf alles, was nicht in ihr deutsches Schema passt, und blasen es davon. Auffallend bayerische Vertreter dieser Spezies der Pfleger der "deutschen Ordnung" (denn gerade die Bayern sind am deutschesten, sie wollen es nur nicht wahrhaben...). Die Gartenzwerge drücken auf ihre Art ihre deutsche Begeisterung über so viel Ordnungswillen aus und am Bildrand freut sich eine Art "Mrs (AFD)-Germany", dass die Herren ihr alles so schön ordentlich machen. 

 

 

 

 

 

Homunculus Germanicus (2019)

Pastellkreide

48 x 22 cm

 

Das dreiundzwanzigste Bild aus der Serie "Narrenspiegel".

  

Monatelang haben sich führende Köpfe des rechten Randes in die Labors zurückgezogen und alles Deutsche in den Genen isoliert, multipliziert und zusammengefügt zu einem alchemistischen Wesen Faust`scher Prägung, den Homunculus Germanicus. Hier wird er nun präsentiert, der ideale Deutsche, blond, blauäugig und - naja...

Sie haben es geschaffen, das ideale Wesen der Deutschnationalen. Die Begeisterung kennt keine Grenzen und steigert sich in die Ekstase. Das ist das, wovon sie ihr Leben geträumt haben. So wollen sie sein, deutsch wie es deutscher nicht mehr geht...

 

 

 

 

Das Schulkonzert (2019)

Pastellkreide

48 x 22 cm

 

Das vierundzwanzigste Bild aus der Serie "Narrenspiegel".

 

Wer spätestens seit der Einführung des Smartphones einmal ein Schulkonzert oder ein Konzert einer Musikschule besucht hat, wird feststellen, dass sich zumindest in den hinteren Reihen die Sicht entscheidend verändert hat. Sah und hörte man früher noch von überehrgeizigen Musiklehrerinnen und -lehrern häufig gequälte und überforderte Schülerinnen und Schüler, ist es seit etwa 10 Jahren nur noch das, was man sieht. Was auch immer mit all dem Foto- und Filmmaterial aus merkwürdigen Gründen bis zur Extase begeisterter Eltern und Großeltern auch später einmal geschieht. Die schlimme Nebenwirkung dieses Phänomens ist, dass man sich entweder mit den Smartphone-Herstellertypen auseinandersetzen oder sich mehr mit dem Hören befassen muss. Und beides ist oft nicht schön...
 

 

 

 

 

Europe 2020 (2019)

Pastellkreide

48 x 22 cm

 

Das fünfundzwanzigste Bild aus der Serie "Narrenspiegel".

 

Nationalstaaten sagen mir ja herzlich wenig. Mir ist es völlig egal, ob ich Deutscher, Finne oder Kroate bin. Das ist nur ein Zufall der Geburt. Aber ich bin ein glühender Europäer, mit Begeisterung Teil eines humanistischen Europas mit reicher Geschichte und habe immer gehofft, in meinem Leben einmal Bürger der Vereinigten Staaten von Europa zu werden. Es wird wohl bei dem Traum bleiben...

Denn wir erleben, dass zahlreiche Populisten des rechten Randes, überwiegend Männer meiner Generation mit Besitzstandswahrungszwängen und diffusen Ängsten (mal abgesehen von den wenigen "Mannweibern", die speziell in Frankreich und Deutschland dazu gehören) diese wunderbare Idee eines einigen und somit friedenswahrenden Europas nun mit den Füßen treten und Stück für Stück zerstören. Diese Männer werden wiederum überwiegend von Männern meiner Generation gewählt, denen der Besitz und das ungebremste Fahren eines SUVs wichtiger ist als die Zukunft ihrer Kinder. Besitzstandswahrung als einziges Gebot des Lebens und ohne Reflexion, denn Schuld sind immer die anderen. Angeregt von einer Ausschreibung des Kultur- und Geschichtsvereins Vilshofen unter dem Titel "Vision Europa" ist deshalb diese eher düstere Vision erstanden. Europas Stier ist erlegt und zerteilt. Herr H. aus Thüringen hat dazu noch einen besonderen Beitrag. Bleibt nur zu hoffen, dass die Besitzstandswahrungsneurotiker meiner Generation auch biologisch bald den Preis ihrer Lebensführung zahlen und eine neue Generation das Ruder übernimmt, europäischer aufgewachsen und mit anderen Werten als den heiligen Besitz. Das wäre der kleine Silberstreif am Horizont meiner europäischen Visionen.

 

Einjuriert in die Auswahlausstellung "Vision Europa" in Vilshofen

 

 

 

 

 

Modern Times (2019)

Pastellkreide

48 x 22 cm

 

Das sechsundzwanzigste Bild aus der Serie "Narrenspiegel".

 

"Modern Times" handelt von modernen Arbeitswelten, die - plakativ festgemacht insbesondere an der Arbeitssituation der Paketzusteller - immer schneller und somit immer unmenschlicher wird. Darum die Zirkusszene. Immer größerer Zeitdruck bei immer weniger Reallohn führt zu täglichen Jonglagen und Husarenstücken im Arbeitsleben. Immer gehetzter, immer noch mehr und dabei immer weniger Zeit und Geld zum Leben. Ein paar Karrierestufen weiter oben gönnt man sich zugleich in Ruhe fette Boni und fällt weich, wenn die Staatsanwaltschaft oder die Steuerfahndung zu"schlägt".

Der großartige Charlie Chaplin hatte das schon vor rund 100 Jahren thematisiert. Darum der Titel und darum die Szene aus seinem einmaligen gleichnamigen Film im Hintergrund.

 

 

 

 

 

The Boys Are Back In Town Again (2019)

Pastellkreide

48 x 22 cm

 

Das siebenundzwanzigste Bild aus der Serie "Narrenspiegel".

 

Da treffen sie sich wieder, die Boys. Älter und seriöser geworden sind sie, vieles weist im Bild darauf hin. Und sie müssen schon nachhelfen, um frühere Zeiten wieder aufleben zu lassen. Trotzdem sind sie einander geblieben, diejenigen, die früher um die Häuser zogen und die Welt unsicher machten. Ein kleiner Rest von diesem Funken vergangener Tage glimmt noch in ihnen. Wichtig ist aber vor allem, dass sie einander haben. Das scheint wie ein Jungbrunnen zu wirken und steht inzwischen im Vordergrund. Die Ablenkungen des Lebens sind nebensächlicher geworden.

 Das Bild ist eine verschmitzte Liebeserklärung an die Freundschaft. Und an meine Freunde aus Jugendtagen, die immer noch die gleichen Kindsköpfe sind wie damals und viel dazu beigetragen haben, mein Leben reich zu machen. Den Ort vor den Garagen gibt es wirklich. Und tatsächlich treffen wir „Boys“ uns da jedes Jahr!

Das Bild nimmt das Thema zum zweitenmal in meinem Oeuvre auf. Deshalb „again“. Der Titel zitiert einen bekannten Song von Thin Lizzy, in dem es in den ersten Zeilen heißt:

"Guess who just got back today
Them wild-eyed boys that had been away
Haven't changed, hadn't much to say
But, man, I still think them cats are crazy..."

Das passt sowohl inhaltlich als auch musikalisch perfekt zu diesem Bild.

  

 The Boys Are Back In Town, Pastellkreide, 56x42 cm, 2016

 

 

 

 

 

Stille Nacht? (2019)

Pastellkreide

48 x 22 cm

 

Das achtundzwanzigste Bild aus der Serie "Narrenspiegel".

 

Irgendwie haben wir es ja geschafft, sie zu verlieren, die Fähigkeit zu Ruhe und Besinnung zu Weihnachten und zum Jahreswechsel. Möglicherweise ist das aber auch aktive Reflexionsvermeidung. So hetzen wir nun alle durch die Vorweihnachtszeit und die Feiertage, erdrückt vom Konsumieren-Müssen. Das weihnachtliche Geschehen selbst wird zum Randereignis des Konsumrausches. Und so verschwindet es in diesem Alltagseilen, abgeschoben auf die Verkehrsinsel. Zwei der drei Könige scheinen erschüttert. Wo ist der dritte? Ein Opfer des Weges über die breite mehrspurige Einkaufsstraße zum weihnachtlichen Stall?

 

 

 

 

 

Despoten beim Friseur (2020)

Pastellkreide

48 x 22 cm

 

Das neunundzwanzigste Bild aus der Serie "Narrenspiegel".

 

Im angelsächsischen Raum lässt sich ein Phänomen beobachten: Zunehmend tauchen Despoten mit gleicher Frisur und gleicher Selbstverliebtheit auf und werden von ebenso zunehmend unreflektierter werdenden Menschen mit nahezu religiösem Eifer gewählt. Das wirft Fragen auf: Sind es außerirdische Klone? Haben sie den gleichen Friseur? Nun, das erste können wir nur vermuten, beim zweiten gibt es jetzt den Beweis: Ja, es gibt sie, den Despoten-Friseur und die Despoten-Frisur. Andere Despoten dieser Welt haben ihn auch schon gefunden. Oder entdecken ihn gerade durch das Fenster... 

 

 

 

 

 

Die Corona-Schwestern beim Einkauf (2020)

Pastellkreide

48 x 22 cm

 

Das dreißigste Bild aus der Serie "Narrenspiegel".

 

Was gibt es Ertragreicheres für einen satirischen Zeichner als wenn sich Klischees bewahrheiten. Und so kehrte die beginnende Corona-Pandemie so manches Klischee hervor. In Frankreich gingen mit den Hamsterkäufen Wein und Kondome zu Neige, in den Niederlanden herrschte plötzlich Mangel an Gras (außer auf den Wiesen und Weiden), in Deutschland waren die Toilettenpapierregale leergeräumt und in den USA stand man Schlange für Waffen und Munition. Da zeigt sich, was wo wichtig ist im Leben! Und es zeigt sich, wo sowohl metaphorisch als auch real das Leben anscheinend beschissener als anderswo. Gerne setze ich mich also zu den beiden Damen auf die Bank und kann mich bei aller Bedrohlichkeit des Virus nur allzu köstlich über manche abstruse Ernsthaftigkeiten im Leben amüsieren. 

 

 

 

 

 

Die sieben Lebensalter des deutschen Mannes  (2020)

Pastellkreide

48 x 22 cm

Das einunddreißigste Bild aus der Serie "Narrenspiegel"

 

 2020 konnte ich die Sonderausstellung "heilig/unheilig" zum Lebenswerk Hans Baldung Griens in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe besuchen. Dort durfte ich auch seine Arbeit "Die sieben Lebensalter des Weibes", die ich schon länger kannte, erstmals im Original sehen. Das  brachte mich auf den Gedanken, wie wohl zum einen die sieben Lebensalter des Mannes aussehen würde und wie man diese sieben Lebensalter wohl heute darstellen könnte. Die Idee für das Narrenspiegel-Werk war geboren!

Die deutsche Lebenshaltung ist geprägt von einer chronischen Unzufriedenheit. "German Angst" gepaart mit "German Hass" und "German Wut". Und so zieht sich der Lebensfaden meiner männlichen Landsleute von jugendlicher Maßlosigkeit über die zunehmend immer weniger unterschwellige Ablehnung von allem Neuen oder Fremden hin zu einer zurückblickenden Bitterkeit. Statt das Leben zu genießen und die in jedem Leben auftretenden Unbilden gelassen zu umschiffen wird genörgelt, gezetert und gebrüllt. Das Volk der Kleingartensatzungen, der Malle-Saufpartys und der Intoleranz, aufgesammelt im AfD-Jammerbecken. Ein mehr als trauriges Leben, blickt man auf diese Reihe der "typisch deutschen" Lebensalter.

   

  

Die sieben Lebensalter des Weibes

Hans Baldung Grien, 1544

Öl auf Holz

97 × 74 cm

Museum der Bildenden Künste Leipzig

 

 

 

 

 

Falsch abgebogen II (2020)

Pastellkreide

48 x 22 cm

 

Das zweiunddreißigste Bild aus der Serie "Narrenspiegel".

 

"Falsch abgebogen" ist ein Motiv, das ich in ähnlicher Weise schon einmal bearbeitet habe, dass aber einfach viel zu gut zum "Narrenspiegel" passt, geprägt von einer Lust an skurrilen Situationen, am Erzählen von Geschichten in Bildern  Und geprägt von der Faszination an dem Licht der Wüste. Irgendwann ist irgendwo etwas schief gelaufen auf dem Weg zum Strand. Großartig schiefgegangen! Unbeirrt gehen die vier aber weiter auf dem Weg, den Blick starr geradeaus. Nur der Junge scheint sich langsam zu fragen, ob der Weg noch der Richtige ist. Deshalb ist es auch ein Appell an das Innehalten im Leben, das Überprüfen des eigenen Weges.

 

 

 

 

 

Unser Dorf soll schöner werden - Regionalwettbewerb Niederbayern (2020)

Aquarell und Pastellkreide

48 x 22 cm

 

Das dreiunddreißigste Bild aus der Serie "Narrenspiegel".

 

Wenn es die Niederbayern irgendwo zur Perfektion gebracht haben, dann in der konsequenten Zerstörung ihrer ländlichen Regionen und ihrer dörflichen Strukturen. Und so schmiegt sich im Zeichen eines sektenähnlichen Fortschrittglaubens die Dreifachgarage an den mediterranen Portikus, überragen Silotürme und Großställe für die Massentierhaltung den Kirchturm im Ortskern. Wenn das nicht reicht, packt man noch ein Logistikzentrum dazu. Und die Schlichenbauer-Schmidhuber Jennifer soll unbedingt auch auf dem elterlichen Grundstück der ehemaligen Hofstelle bauen können, auch wenn es etwas außerhalb des Ortes liegt. Natürlich möglichst modern mit Steingarten und Säulenreihe. Das arme Kind muss ja sonst in der Stadt ein teures Grundstück kaufen. Die 30 km kann sie doch besser fahren, gerade erst wurde die Ortsumgehung vierspurig ausgebaut. Der Vater hat ohnehin schon den Hof aufgegeben und arbeitet bei BMW. Nur die Mutter vertritt noch progressiv als Hausfrau das ostbayerische Frauenbild. Die verbliebenen nicht infizierten osteuropäischen Erntehelfer sammeln die Spreewaldgurken und samstags wird pünktlich um 8 Uhr der Rasenmähertraktor angeworfen, um die letzten 20 Quadratmeter Rasenfläche auf Wimbledon-Niveau zu halten.
"Gott mit dir, du Land der BayWa", wandelte vor Jahren die Biermösl Blosn den Text der Bayernhymne ab. Herrlich! Und absolut treffend!

 

 

 

 

 

Trotzalter (2020)

Pastellkreide

48 x 22 cm

 

Das vierunddreißigste Bild aus der Serie "Narrenspiegel".

 

COVID 19, heißt es, kehrt die wahren menschlichen Seiten der Einzelnen nach oben. Und die kommen Eltern von Drei- bis Fünfjährigen sehr bekannt vor. "Ich will aber...", "der tut aber...", "ich will nicht" bestimmen das Leben. Erstaunliche Parallelen zu den klassischen Verhaltensmustern nord- und südamerikanischer Präsidenten oder Berliner Veganköche zeigen sich da, bei beiden erstgenannten nicht nur im Bezug auf COVID 19. Zeit also, unsere Knaben im ewigwährenden Trotzalter mal im Sandkasten zusammenzubringen. Da können die Erzieherinnen noch so sehr darauf hinweisen, wo der Mund-Nasen-Schutz eigentlich hingehört. Sie bekommen es einfach nicht richtig hin...

 

 

 

 

 

North Side Gallery, Texas (2020)

Pastellkreide

48 x 22 cm

 

Das fünfunddreißigste Bild aus der Serie "Narrenspiegel".

 

 "Tear Down This Wall", sagte einmal ein US-amerikanischer Präsident, der eigentlich Zeit seines Lebens - auch im Amt - Westernschauspieler war (die Amerikaner neigen zu seltsamen Eignungskriterien in der Auswahl ihrer Präsidenten...), an den Sowjetischen Staatschef gerichtet in Berlin. Spätestens seit dem 45. US-Präsidenten scheint all dies vergessen (ebenso wie demokratische Diskurse, Mehrheitsentscheidungen und Gewaltenteilung). "Let's build a wall!", heißt es stattdessen. In einer unheiligen Allianz von Rassisten, Verschwörungtheoretikern, Waffenlobbyisten und Faschisten - beim Präsidenten vereint in einer Person - wird alles, was auch nur annähernd nicht deren "great american" Weltbild entspricht ausgegrenzt. Im Süden, an der Grenze zu Mexiko, dann auch physisch. Miss Liberty ergreift daher die Flucht (ebenso wie die Bildung, die Toleranz und die Empathie). Bleibt zu hoffen, dass die East Side gallery sehr bald ihre Entsprechung auf dieser neuen Mauer finden wird. So vielleicht? Wir werden sehen...

 

 

 

 

 

Die verzweifelte Anrufung des Heiligen des Verbrennungsmotors (2020)

Pastellkreide

48 x 22 cm

 

Das sechsunddreißigste Bild aus der Serie "Narrenspiegel".

 

 Der Deutschen liebstes Kind, der Deutschen liebste Industrie und der Deutschen größte Zwangsneurose! Kaum wackelt irgendwo die Ökonomie sind sie da, die Kaufanreiz-Marktschreier aus Stuttgart, Wolfsburg, München und Ingolstadt. Da kann man über seine angeborenen Reflexe schon einmal die Innovation vergessen. CO2-verbreitende SUVs, Limousinen für Tempo 250 auf der Autobahn und Diesel-Betrügereien statt des Wegbereitens für klimafreundliche Antriebe. Und so holen einen dann plötzlich der Lauf der Zeit und Herr Musk ein. Also sammeln sich frühere und aktuelle Konzernchefs, einsitzend und auch nicht, in einer abgelegenen Höhle, um den Heiligen des Verbrennungsmotors anzurufen, auf dass ihnen ihre deutschen Schafe weiter folgen. Das Anrufen wird zunehmend verzweifelter. Aber solange Hohepriester Andreas S. seine schützende Hand über alles hält, ist es wohl noch gut...

 

 

 

 

 

Der Tanz um das goldene Rückgrat (2020)

Pastellkreide

48 x 22 cm

 

Das siebenunddreißigste Bild aus der Serie "Narrenspiegel".

 

 Da haben sie sich versammelt, in einer Art "Danse Macabre": Menschen, die sich durch ihr Leben winden, ohne anzustoßen, ohne Meinung, ohne Aufbegehren gegen die vermeintlich Großen. Der aufrechte Gang ging ihnen schon lange verloren. So tanzen sie ihren absurden Reigen um eine ganz eigene Form des goldenen Kalbes. Vermissen sie ihr Rückgrat oder fühlen sie sich wohl im wendehälserischen Umgehen der Hindernisse und fortwährenden Einknicken vor Widerständen?

 Das Bild ist ein Plädoyer für diesen aufrechten Gang, für Haltung und Mut, zu den eigenen Werten zu stehen. Werte, nicht Verschwörungsmythen; Haltung, nicht abstruses "Querdenken"; Mut, nicht das Anschreien gegen alles "Fremde" aus der anonymen Masse heraus. Bettina Wegner sang es so treffend in ihrem Lied "Kinder":

 "Grade, klare Menschen
Wär'n ein schönes Ziel
Leute ohne Rückgrat
Hab'n wir schon zu viel"
 

 

 

 

 

 

Das Strandtreffen der Tuningszene (2021)

Pastellkreide

48 x 22 cm

 

Das achtunddreißigste Bild aus der Serie "Narrenspiegel".

 

 Klimawandel, Meeresverschmutzung, Feinstaub, Lärm, alles egal, Hauptsache eine abstruse Form des Spaßes, scheint das Lebensmotto der anscheinend allgegenwärtigen Autotunerszene. In Extremfällen geht dieses "Ich will Spaß"-Ego dann bei entsprechenden Rennen auch über Menschenleben hinweg. Je ländlicher die Gegend, desto mehr ist dieses Phänomen scheinbar verbreitet. Negativer Höhepunkt des "Sch... auf die Umwelt, ich will Spaß" -Wahnsinns sind Quads und deren Fahrer (in seltene Fällen auch -innen) als Mixtur sinnfreier Technik und sinnentleerten Handelns.

Sie hat sich diesmal am ölverseuchten Strand getroffen, die Szene. Man sagt ja gerne, dass das Protzen mit Autos Ersatz für eine scheinbar fehlende Männlichkeit sei. Gliedverlängerung durch Technik. Aber das sind natürlich nur völlig aus der Luft gegriffene Vorurteile...

Doch halt, macht da nicht gerade die weibliche Besucherschaft eine ungeahnte Entdeckung?  

 

 

 

 

 

(Studie zum Sozialverhalten so mancher) Hundebesitzer (2021)

Pastellkreide

48 x 22 cm

 

Das neununddreißigste Bild aus der Serie "Narrenspiegel".

 

„Wie der Herr so’s Gescherr“, lautet ein deutsches Sprichwort, das vermutlich auf den Satz „Plane qualis dominus, talis et servus“ (Wie der Herr, so auch der Sklave) aus Titus Petronius Satyricon zurückgeht. Im Altgriechischen gab es ein Äquivalent, das übersetzt „Wie die Herrin, so die Hündin“ lautete. Und da schließt sich der Kreis.

Wessen Kinder sich im Sandkasten schon einmal in den Hundehaufen gesetzt haben, wer es jemals wagte, in einem öffentlichen Park etwa zehn Meter über die Wiese zu gehen, oder wer sich schon einmal als Radfahrer aus der gefühlt 30 Meter langen Hundeleine der gerade im Gespräch mit ihrer Begleiterin vertieften Besitzerin des daran hängenden Chihuahua befreien musste, wird wissen, was ich meine. Hunde sind soziale Wesen. Ihre Herrchen und Frauchen nicht immer. Die beanspruchen gerne einmal die mindestens 100 Quadratmeter um sie herum als nur ihnen und ihrem vierbeinigen Spiegelbild vorbehaltenen Raum. Egal, ob da zufällig ein Radweg verläuft, ein Spielplatz ist oder eine Parkbank steht.

Das trifft definitiv nicht auf alle zu. Es gibt gut erzogene Hunde mit verantwortungsvollen Besitzer*innen. Ich kenne einige auch persönlich und schätze sie sehr. Aber Sätze wie „Der will nur spielen“, „Das hat er ja noch nie getan“ oder „Wacki, jetzt komm doch mal zu Mutti“ lösen bei mir gerne mal allergische Reaktionen aus. Irgendwie wird in diesen Mensch-Hund-Verhältnissen irgendetwas merkwürdig kompensiert. So ist es gerade auch in links-alternativen Kreisen bei sich in der Regel paleo-frugan-vegan ernährenden (zumeist) Frauen weit verbreitet, sich mit einem mindestens einen Meter großen fleischfressenden Monster zu umgeben. Auf diversen Festivals, DAMs und ähnlichen Veranstaltungen, wenn ich wieder über solch einen “freien Hund einer freien Bürgerin“ gestolpert bin, von diesem abgeschleckt wurde oder mir einen anderen Zelteingang suchen musste, habe ich mir schon die „Warum“-Frage gestellt. Aber nur ganz leise. Sonst bin ich ja gleich ein Macho. Ein böser tierhassender Macho. Ein böser tierhassender Macho, der ab und zu auch mal gerne (pfui!) dem Hund eine Bratwurst wegisst…. 

 

 

 

 

 

Evolution - Devolution (2021)

Pastellkreide

48 x 22 cm

 

Das vierzigste Bild aus der Serie "Narrenspiegel".

 

Die Evolution des Menschen verläuft nicht immer linear. So gab es immer wieder in der Menschheitsgeschichte Seitenentwicklungen, die in einer Sackgasse endeten. Auch gerade wieder lässt sich solch eine Seitenentwicklung beobachten, der Homo Stultus Xenophobiensis. Diese Seitenlinie driftet erstaunlicherweise immer nach rechts weg. Und endet nicht nur in einer Seitengasse, sondern hat gar eine Gegenentwicklung zur Evolution ausgelöst. Die rückwärtige Evolution - die Devolution.